Die Bayerischen Staatsregierung hat anlässlich der Corona-Pandemie am 20.03.2020 mit Az. Z6a-G800-2020/122-98 vorläufige Ausgangsbeschränkungen bekannt gemacht. Diese haben erheblichen Einfluss auf den Alltag aller Menschen und damit auch auf Pferdebesitzer, Stallbetreiber, Reitlehrer, Hufschmiede, Vereine, etc. Und in Bayern noch etwas mehr als anderswo in Deutschland.
Nachfolgend versuchen wir zu bewerten, was mit großer Wahrscheinlichkeit erlaubt ist oder nicht, bitten dabei aber zu bedenken, dass juristisches Neuland betreten wird. Daher sind unsere Empfehlungen ohne Gewähr!
Mit den getroffenen Regelungen sollen Menschenansammlungen vermieden und der Kreis der Personen eingeschränkt werden, die sich gegenseitig anstecken könnten. Ziel ist es, die Anzahl der Neuinfektionen so gering wie möglich zu halten, um die medizinische Versorgung gewährleisten zu können.
Grundsätzlich sind physische Kontakte zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Hausstandes auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren und zwar im öffentlichen UND privaten Bereich (Nr.1 der Verfügung). In Bayern bedeutet das 0 weitere Personen. Weiter ist angeordnet, dass ein Verlassen der Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt ist. Diese Ausnahmen wurden ausdrücklich benannt, z.B. für Sport und Bewegung an der frischen Luft (allerdings ausschließlich allein oder mit Personen des eigenen Hausstandes) oder für Handlungen zur Versorgung von Tieren (Nr. 5 g, h).
Tiere müssen weiterhin artgerecht versorgt werden. Das heißt, die Fütterung, regelmäßige Entmistung, ausreichende Bewegung und die tiermedizinische Versorgung muss gewährleistet sein. Dabei gilt es den Tierschutz mit der Einhaltung der Ausgangsbeschränkungen in Einklang zu bringen. Dies kann sich nach Einzelfall unterscheiden:
Ist das Pferd in einem Ausbildungsstall untergebracht, der vertraglich die tägliche Bewegung und Vollverpflegung gewährleistet, ist ein Besuch des Eigentümers nicht notwendig und damit nicht von der Ausnahme gedeckt. Der Stallbetreiber ist berechtigt und verpflichtet, den Publikumsverkehr zu unterbinden und den Pferdeeigentümern den Zutritt zu Stall und Anlage für die Dauer der Ausgangsbeschränkung zu verbieten, da ansonsten ein Bußgeld von bis zu 25.000,00 € droht.
Gleiches gilt für die Unterbringung von Rentner-Pferden, die täglich ausreichend Auslauf durch Koppelgang o. Ä erhalten. Auch hier geht der Stallbetreiber auf Nummer sicher, wenn er den Pferdebesitzern für die Dauer der Ausgangsbeschränkungen den Zugang untersagt.
Ist das Pferd in einem Pensionsstall untergebracht, bei dem die ausreichende Bewegung des Tieres nicht sichergestellt ist, MUSS der Pferdebesitzer dies verantworten. Der Stallbetreiber hat den Zugang zu gewähren, muss diesen jedoch regeln und damit auf die empfohlenen Hygiene- und Abstandsvorschriften und die Untersagung von (auch nur 2er) Gruppen achten.
Hier ist der Stallbetreiber gefragt, welcher bestenfalls feste Stallzeiten für die einzelnen Pferdebesitzer festlegt. Gleiches gilt für die Nutzung von Reithallen bzw. Reitplätzen. Je nach Größe dürfen diese nur von einer begrenzten Anzahl von Reitern gleichzeitig genutzt werden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, ins Gelände zu reiten oder mit seinem Pferd spazieren zu gehen. Auch dabei gilt zu berücksichtigen, dass dies einzeln erfolgen soll.
Für alle Unterbringungsvarianten gilt, dass die Bundesregierung bereits am 16.03.2020 die Schließung aller Sportanlagen angeordnet hat, sodass aktuell kein Pferdsport im eigentlichen Sinne betrieben werden darf. Dies schließt Reitunterricht, Schulbetrieb und Turniere etc. aus.
Die Ausnahmen rechtfertigen nur eine „Notbewegung“ der Pferde.
Natürlich muss auch die notwendige Pflege der Pferde fortgesetzt werden. So kann der Hufschmied, der Futterlieferant, der Physiotherapeut, u.ä. grundsätzlich in den Stall kommen, wenn dies für die Notversorgung erforderlich ist.
IMMER gilt es den Sicherheitsabstand zwischen den einzelnen Personen von mindestens 1,50 m, besser 2 m einzuhalten. Aufschiebbare Behandlungen wie beispielsweise routinemäßige Zahnkontrollen müssen auf die Zeit nach Bewältigung der Corona-Krise verschoben werden. Die Verordnung ist auch diesbezüglich eindeutig. Die Inanspruchnahme veterinärmedizinischer Versorgungsleitungen sind von den Ausnahmen zur Ausgangsbeschränkung umfasst, „soweit dies medizinisch DRINGEND erforderlich ist“.
Vor dem Hintergrund, dass dies auch für humanmedizinische Leistungen gilt, raten wir noch mehr als sonst davon ab, irgendwelche Risiken einzugehen. Unser Gesundheitssystem kann bis auf weiteres keine Behandlungen von runtergefallenen Reitern gebrauchen. In unserem Verein haben wir daher das Springen weitestgehend untersagt.
Generell noch ein Wort zu den „Passierscheinen“. Solche sind derzeit weder von der Bundes- noch von der Landesregierung geplant. Die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern zeigen jedoch, dass sie noch kommen könnten. Zudem ist die Notwendigkeit das Haus zu verlassen „glaubhaft“ zu machen. Es kann daher sinnvoll sein, ein Schreiben mit sich zu führen, aus dem hervorgeht, dass man zur Versorgung eines Pferdes unterwegs ist, um bei etwaigen Kontrollen Erklärungsnöte zu vermeiden.
Sobald wir verlässliche Auskünfte über Nothilfen für selbständige Reitlehrer, Vereine oder Privatbetriebe erhalten, werden wir diese beim Paragraphenreiter veröffentlichen. Bleiben Sie informiert, die (Rechts-) Lage ändert sich derzeit rasant.
Bis dahin wünschen wir vor allem Gesundheit und rufen eindringlich dazu auf zu Hause zu bleiben, soweit es eben geht.
Stefanie Rupp und Nadja Sommer